Rufbereitschaft ist nicht immer Arbeitszeit

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass eine Bereitschaftszeit in Form von Rufbereitschaft nur dann in vollem Umfang Arbeitszeit darstellt, wenn die dem Arbeitnehmer auferlegten Einschränkungen seine Möglichkeit, während dieser Zeit seine Freizeit zu gestalten, ganz erheblich beeinträchtigen.

In den verhandelten Fällen ging es um einen slowenischen Rundfunktechniker und einen deutschen Feuerwehrmann. Beide Betroffene waren der Ansicht, dass ihre in Form von Rufbereitschaft geleisteten Bereitschaftszeiten aufgrund der mit ihnen verbundenen Einschränkungen in vollem Umfang als Arbeitszeit anzuerkennen und entsprechend zu vergüten seien, unabhängig davon, ob sie während dieser Zeiten tatsächlich tätig waren.

Der EuGH verneinte dies und betonte in den Entscheidungen vom 9. März 2021 (Az. C-344/19 und C-580/19) zunächst, dass Bereitschaftszeit zwar automatisch als „Arbeitszeit“ einzustufen sei, wenn der Arbeitnehmer während dieser Zeit verpflichtet ist, an seinem Arbeitsplatz, der nicht mit seiner Wohnung identisch ist, zu bleiben und sich dort seinem Arbeitgeber zur Verfügung zu halten.

Dagegen seien organisatorische Schwierigkeiten, die eine Bereitschaftszeit infolge natürlicher Gegebenheiten oder der freien Entscheidung des Arbeitnehmers für ihn mit sich bringen kann, unerheblich. Dies sei beispielsweise dann der Fall, wenn das Gebiet, das der Arbeitnehmer während einer Bereitschaftszeit in Form von Rufbereitschaft praktisch nicht verlassen kann, nur wenige Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten bietet.

Es sei Sache der nationalen Gerichte, eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls vorzunehmen, um zu prüfen, ob eine Bereitschaftszeit in Form von Rufbereitschaft als „Arbeitszeit“ einzustufen ist; dies sei nämlich, wenn keine Verpflichtung besteht, am Arbeitsplatz zu bleiben, nicht automatisch der Fall.

(EuGH / STB Web)

Artikel vom 29.03.2021